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Nachrichten aus den Exilsammlungen

Ausschnitt der illustrierten Titelseite des London Diary von Lili Cassel. Ein zeichnendes Mädchen sitzt zwischen Wolken vermutlich auf einem Sperrballon zur Abwehr von Luftangriffen. Die Illustrationen sind mit Tusche und Wasserfarben gemalt.

Rolf Kralovitz (1925 - 2015) – In memoriam

Wenige Tage nach seinem 90. Geburtstag ist Rolf Kralovitz am 21. Juni 2015 in Köln gestorben. Ende vergangenen Jahres hatte er dem Deutschen Exilarchiv der Deutschen Nationalbibliothek weitere Unterlagen für die bereits eingerichteten Bestände zu Walter Meckauer, Brigitte Kralovitz-Meckauer und zu seiner Person anvertraut.

An die erste Erfahrung der Ausgrenzung durch das Ausbleiben der täglichen Brötchenlieferung an Juden, an Gewalt durch Mitschüler, an die schlimme Erfahrung, den Judenstern tragen zu müssen, an das Leben in „Judenhäusern“, an seine Zwangsarbeit als Totengräber, an die Deportation und Ermordung seiner Schwester und seiner Eltern sowie an seine Deportation nach Buchenwald und die schrecklichen Erlebnisse dort zu erinnern, sah Rolf Kralovitz als seine Aufgabe an. „Man muss das erzählen“, sagte er, und stellte sich vor, dass seine Mutter in der Gaskammer vielleicht gedacht habe, „wer wird denn das je wissen, wer wird denn das je erzählen, niemand wird wissen, was die mit uns gemacht haben“. Seine Mutter und Schwester starben im Konzentrationslager Ravensbrück, sein Vater wurde in Auschwitz ermordet.

Aus Buchenwald zurückgekehrt, war Rolf Kralovitz auf sich alleine gestellt, fast seine gesamte Verwandtschaft war im Holocaust ermordet worden. Bis 1953 lebte Kralovitz in den USA, kehrte dann gemeinsam mit seiner Frau Brigitte Kralovitz-Meckauer nach Deutschland zurück. Nach seiner Erblindung Mitte der 1970er Jahre konnte der Schauspieler und Produktionsleiter beim WDR seinen Beruf nicht mehr länger ausüben. Von da an wurde die Erinnerung an den Holocaust und an die Geschichte seiner Familie zu seiner Lebensaufgabe.

In Publikationen wie „Der gelbe Stern in Leipzig“ und „ZehnNullNeunzig in Buchenwald“ sowie in Audio- und Videointerviews und in Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern hat der in der Nähe von Leipzig geborene Rolf Kralovitz seine Erlebnisse geschildert. Ohne Hass, aber unermüdlich und stets um Wahrhaftigkeit bemüht, hat er sich gemeinsam mit seiner Frau dieser Lebensaufgabe gewidmet. Großzügig haben sie unzählige Exemplare seiner Erinnerungsschriften Bildungseinrichtungen und Gedenkstätten zur Verfügung gestellt. Auch in den Exilsammlungen und der Anne Frank-Shoah-Bibliothek der Deutschen Nationalbibliothek werden seine Schriften für die pädagogische Arbeit eingesetzt. Über viele Jahre waren wir mit Rolf Kralovitz und seiner Frau verbunden. In regelmäßigen Telefonaten beantwortete Rolf Kralovitz in seiner humorvollen, doch stets verbindlichen Art Fragen zu seiner Geschichte und zeigte sich immer interessiert an unserer Arbeit, an Veranstaltungen und Ausstellungen sowie zukünftigen Vorhaben.

Wenige Tage nach seinem 90. Geburtstag ist Rolf Kralovitz am 21. Juni 2015 in Köln gestorben.

Ende vergangenen Jahres hatte er dem Deutschen Exilarchiv der Deutschen Nationalbibliothek weitere Unterlagen für die bereits eingerichteten Bestände zu Walter Meckauer, Brigitte Kralovitz-Meckauer und zu seiner Person anvertraut. Die Briefe von seiner Schwester und seiner Mutter sowie weitere Dokumente hat er der Gedenkstätte Buchenwald überlassen.

Wir erinnern uns sehr gerne an Rolf Kralovitz, der Austausch mit ihm wird uns fehlen.

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Inhalt des Dossiers

  1. Ruth Weiss (1924 – 2025) – In memoriam
  2. Dr. Vincent C. Frank Steiner (1930–2025) – In memoriam
  3. Hans Günter Flieg (1923–2024) – In memoriam
  4. Dr. Ruth K. Westheimer (1928–2024) – in memoriam
  5. Guy Stern (1922–2023) – in memoriam
  6. Trude Simonsohn (1921-2022) – in memoriam
  7. „Kinderemigration aus Frankfurt am Main. Geschichten der Rettung, des Verlusts und der Erinnerung"
  8. Fragebögen als Quelle zur Erforschung des deutschsprachigen Exils – Am Beispiel von Alfred Kantorowicz
  9. Professor Dr. John M. Spalek (1928-2021) in memoriam
  10. Lieselotte Maas (1937-2020) – In memoriam
  11. Ruth Klüger (1931-2020) – In memoriam
  12. „Was soll ich kochen?“ – Rezepte aus dem Deutschen Exilarchiv 1933-1945
  13. Hellmut Stern (1928-2020) – In memoriam
  14. Thomas Mann: Deutsche Hörer! – Hörstation Exil 1933-1945 vor der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt eingeweiht
  15. Ausstellungskatalog „Exil. Erfahrung und Zeugnis“ erscheint
  16. Themenschwerpunkt Exil: Das Geschichtsmagazin „Damals“ erscheint in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Exilarchiv 1933–1945
  17. Dora Schindel (1915–2018) – In memoriam
  18. Werner Berthold (1921–2017) – In memoriam
  19. Rolf Kralovitz (1925 - 2015) – In memoriam
  20. Buddy Elias – In memoriam
  21. Künste im Exil - virtuelle Ausstellung und Netzwerk
  22. Brigitte Kralovitz-Meckauer (1925–2014) – In memoriam
  23. Ludwig Werner Kahn - zum 100. Geburtstag
  24. Verleihung der Goethe-Medaille und der Ehrenmitgliedschaft der Gesellschaft für Exilforschung e.V. an Professor John M. Spalek
  25. „Nestor der deutschen Finanzwissenschaft“ - Fritz Neumark zum 110. Geburtstag
  26. Büchergeschenk für die Deutsche Nationalbibliothek
  27. „Als Gefangene bei Stalin und Hitler“ - Margarete Buber-Neumann zum 20. Todestag
  28. Begründer der Futurologie - Ossip K. Flechtheim zum 100. Geburtstag
  29. Zum Tod der Lyrikerin Emma Kann
  30. Nestor der Exilforschung 1933-1945 in den USA - zum 80. Geburtstag von Prof. Dr. John M. Spalek
  31. Vorlass des Politologen John G. Stoessinger im Deutschen Exilarchiv 1933-1945
  32. Lili Cassel Wronker: A London Diary, 1939–1940
  33. Chronistin ihres Jahrhunderts - Anja Lundholm zum 90. Geburtstag
  34. Reichsausbürgerungskartei
  35. Das Deutsche Exilarchiv 1933–1945 erwirbt den umfangreichen Nachlass des Hethitologen Hans Gustav Güterbock (1908–2000)
  36. Geneviève Pitot: Der Mauritius-Schekel

Letzte Änderung: 07.03.2025
Kurz-URL: https://www.dnb.de/deanachrichten

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