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Nachrichten aus den Exilsammlungen

Ausschnitt der illustrierten Titelseite des London Diary von Lili Cassel. Ein zeichnendes Mädchen sitzt zwischen Wolken vermutlich auf einem Sperrballon zur Abwehr von Luftangriffen. Die Illustrationen sind mit Tusche und Wasserfarben gemalt.

Begründer der Futurologie - Ossip K. Flechtheim zum 100. Geburtstag

Zu den bedeutendsten persönlichen Nachlässen, die das Deutsche Exilarchiv 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek im letzten Jahrzehnt erwerben konnte, zählt der Nachlass des Politologen Ossip K. Flechtheim. Flechtheim, der den Begriff der "Futurologie" geprägt hat, gilt als Begründer einer humanistisch-demokratischen Zukunftsforschung, die er als Gegengewicht zu einer technokratischen Entwicklung begriff.

Flechtheim lehrte unter anderem an der Freien Universität Berlin, wo er einer der profilierten Hochschullehrer während der Studentenbewegung war. Ohne sich für längere Zeit in eine Partei einbinden zu lassen, stand der politisch engagierte Wissenschaftler immer auf Seiten der "Linken". Am 5. März 2009 wäre er 100 Jahre alt geworden.

Ossip K. Flechtheim wurde am 5. März 1909 in Nikolajew bei Odessa geboren; er stammte aus einer jüdischen Familie aus Westfalen, von deren Mitgliedern unter anderem der Kunsthändler Alfred Flechtheim bekannt geworden ist. 1911 kam Flechtheim nach München, 1920 nach Düsseldorf, wo er 1927 das Abitur ablegte. Zu seinen akademischen Lehrern beim nachfolgenden Studium der Rechts- und Staatswissenschaften, das er 1931 mit dem Referendarexamen in Düsseldorf und 1934 mit der Promotion in Köln abschloss, gehörten Edmund Husserl, Alfred Weber, Karl Mannheim und Gustav Radbruch. Mit 18 Jahren trat Flechtheim der KPD bei, trennte sich aber 1932, nach sechs Jahren, wieder von ihr wegen ihres stalinistischen Kurses. Bald nach der nationalsozialistischen Machtübernahme im Januar 1933 wurde Flechtheim aufgrund seines politischen Engagements und seiner jüdischen Herkunft aus dem Staatsdienst entlassen; bis zu seiner Emigration war er im Untergrund für die linkssozialistische Gruppe „Neu Beginnen“ unter Walter Löwenheim tätig, für die er sich auch im Exil engagierte. 1935 wurde er verhaftet; nach seiner Entlassung konnte er nach Belgien fliehen. Von Ende 1935 bis zu seiner Weiteremigration in die Vereinigten Staaten im Jahre 1939 lebte Flechtheim in der Schweiz, wo er am Institut des Hautes Etudes Internationales in Genf studierte. In den USA (1939–1945 und 1947–1951) war er zunächst Assistent an Max Horkheimers Institute of Social Research in New York, später Dozent und Professor an verschiedenen amerikanischen Hochschulen.

Von Juni bis August 1945 kehrte Flechtheim erstmals wieder nach Deutschland zurück, um an der Universität Heidelberg einen Sommerkus über Probleme der Regierungslehre abzuhalten. Ein Jahr später kam er als Sektions- und Bürochef beim US-Hauptankläger für Kriegsverbrechen in Nürnberg, Robert M.W. Kempner, wieder nach Deutschland. Im September 1947 wurde er in Heidelberg zum Dr. phil. promoviert. 1952 erhielt er eine Professur an der wiedergegründeten Deutschen Hochschule für Politik in Berlin, 1959 wurde er außerordentlicher, 1961 ordentlicher Professor für die Wissenschaft von der Politik am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin; bis 1974 lehrte er hier Geschichte und Theorie der Parteien. 1962 verließ Flechtheim die SPD, der er 1952 beigetreten war. Mit Hans Magnus Enzensberger und anderen gehörte er 1967 zu den Gründern des "Republikanischen Club" in Berlin, der ein Forum der "heimatlosen Linken" wurde. Am 4. März 1998 ist Ossip K. Flechtheim in Kleinmachnow bei Berlin verstorben. 2003 hat der Humanistische Verband Deutschlands zu seinen Ehren den Ossip K. Flechtheim-Preis gestiftet, der alle zwei Jahre für herausragendes Engagement zur "Förderung von Aufklärung, Toleranz und Selbstbestimmung" verliehen wird.

Zu Flechtheims zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen zählen die Dissertation „Hegels Strafrechtstheorie“ (Brünn 1936), „Die KPD in der Weimarer Republik“ (Offenbach 1948), „Fundamentals of Political Science“ (New York 1952; deutsch 1958), „Von Hegel zu Kelsen“ (Berlin 1963), „Futurologie. Der Kampf um die Zukunft“ (Köln 1970), „Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland“ (Hamburg 1973) und die biografische Arbeit „Ausschau halten nach einer besseren Welt“ (Berlin 1991).

Der umfangreiche Nachlass, der dem Exilarchiv von Flechtheims Tochter Marion Ruth Thimm übergeben wurde, dokumentiert die Biografie ausführlich mit Korrespondenzen, Manuskripten der Veröffentlichungen und Vorlesungen sowie mit Lebensdokumenten wie Pässen, Urkunden, Mitgliedsausweisen und Fotografien. Hinzu kommen Unterlagen zu Flechtheims Engagement in der Internationalen Liga für Menschenrechte, der Humanistischen Union und am Institut für Zukunftsforschung. - Zu den zahlreichen Korrespondenzpartnern Flechtheims gehören Willy Brandt, Ruth Fischer, Erich Fromm, Theodor Heuss, Gustav Heinemann, Richard Löwenthal, Golo Mann, Hans Mayer, Helmut Schmidt und Richard von Weizsäcker. Von Thomas Mann sind zehn Briefe an Flechtheim aus den Jahren 1939 bis 1945 überliefert. - 2002 erhielt das Deutsche Exilarchiv 1933–1945 auch den Nachlass von Flechtheims Witwe Lili Flechtheim-Faktor, einer Tochter des langjährigen Chefredakteurs des „Berliner Börsen-Courier“ Emil Faktor, die als Übersetzerin tätig war.

Blätterfunktion

Inhalt des Dossiers

  1. Guy Stern (1922–2023) – in memoriam
  2. Trude Simonsohn (1921-2022) – in memoriam
  3. „Kinderemigration aus Frankfurt am Main. Geschichten der Rettung, des Verlusts und der Erinnerung"
  4. Fragebögen als Quelle zur Erforschung des deutschsprachigen Exils – Am Beispiel von Alfred Kantorowicz
  5. Professor Dr. John M. Spalek (1928-2021) in memoriam
  6. Lieselotte Maas (1937-2020) – In memoriam
  7. Ruth Klüger (1931-2020) – In memoriam
  8. „Was soll ich kochen?“ – Rezepte aus dem Deutschen Exilarchiv 1933-1945
  9. Hellmut Stern (1928-2020) – In memoriam
  10. Thomas Mann: Deutsche Hörer! – Hörstation Exil 1933-1945 vor der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt eingeweiht
  11. Ausstellungskatalog „Exil. Erfahrung und Zeugnis“ erscheint
  12. Themenschwerpunkt Exil: Das Geschichtsmagazin „Damals“ erscheint in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Exilarchiv 1933–1945
  13. Dora Schindel (1915–2018) – In memoriam
  14. Werner Berthold (1921–2017) – In memoriam
  15. Rolf Kralovitz (1925 - 2015) – In memoriam
  16. Buddy Elias – In memoriam
  17. Künste im Exil - virtuelle Ausstellung und Netzwerk
  18. Brigitte Kralovitz-Meckauer (1925–2014) – In memoriam
  19. Ludwig Werner Kahn - zum 100. Geburtstag
  20. Verleihung der Goethe-Medaille und der Ehrenmitgliedschaft der Gesellschaft für Exilforschung e.V. an Professor John M. Spalek
  21. „Nestor der deutschen Finanzwissenschaft“ - Fritz Neumark zum 110. Geburtstag
  22. Büchergeschenk für die Deutsche Nationalbibliothek
  23. „Als Gefangene bei Stalin und Hitler“ - Margarete Buber-Neumann zum 20. Todestag
  24. Begründer der Futurologie - Ossip K. Flechtheim zum 100. Geburtstag
  25. Zum Tod der Lyrikerin Emma Kann
  26. Nestor der Exilforschung 1933-1945 in den USA - zum 80. Geburtstag von Prof. Dr. John M. Spalek
  27. Vorlass des Politologen John G. Stoessinger im Deutschen Exilarchiv 1933-1945
  28. Lili Cassel Wronker: A London Diary, 1939–1940
  29. Chronistin ihres Jahrhunderts - Anja Lundholm zum 90. Geburtstag
  30. Reichsausbürgerungskartei
  31. Das Deutsche Exilarchiv 1933–1945 erwirbt den umfangreichen Nachlass des Hethitologen Hans Gustav Güterbock (1908–2000)
  32. Geneviève Pitot: Der Mauritius-Schekel

Letzte Änderung: 06.01.2022
Kurz-URL: https://www.dnb.de/deanachrichten

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