Navigation und Service

11. September 2025

Donnerstag, 11. September 2025: Die Deutsche Nationalbibliothek öffnet wegen eines Beschäftigtentreffens an beiden Standorten erst um 15 Uhr. Die Ausstellungen können Sie zu den regulären Öffnungszeiten besuchen.

Glanz, Heinrich

Heinrich Glanz wurde am 13. August 1891 als eines von fünf Kindern des ursprünglich aus Galizien stammenden jüdischen Ehepaars David Glanz und Regine geb. Graeber in Wien geboren. Er studierte Jura und heiratete im Juni 1916 die Englisch- und Französischlehrerin Selma Leitner (geb. 10.10.1893). Er unterrichtete an jüdischen Schulen und war zeitweise als Vertreter für den jüdischen Verlag „Menorah“ tätig. Ab 1923 bemühte er sich um die Gründung einer eigenen Buchhandlung mit Verlag, erhielt aber wegen seiner fehlenden Buchhändlerausbildung erst 1927 die gewünschte Konzession für einen auf Hebraica und Judaica spezialisierten buchhändlerischen und verlegerischen Betrieb.

Unmittelbar nach dem „Anschluss“ Österreichs musste Heinrich Glanz seinen Verlag auf Anordnung der Gestapo schließen. Wahrscheinlich wurde das Verlagslager von der Gestapo geräumt und im September 1938 an die Bücherverwertungsstelle Wien übergeben, eine vom Reichspropagandaamt Wien eingerichtete Behörde, die beschlagnahmte Buchbestände aus Buchhandlungen, Verlagen und Privatbibliotheken zusammentrug und an Bibliotheken des Deutschen Reichs umverteilte.

Heinrich und Selma Glanz emigrierten vermutlich im November 1938 nach London, wo Heinrich Glanz erneut als Buchhändler und Verleger tätig wurde – möglicherweise konnte er dafür auf Verlagsbestände zurückgreifen, die in der Schweiz und in den Niederlanden lagerten und so der Beschlagnahme entgehen konnten. Ende Mai 1940 reisten sie per Schiff über Kanada in die USA aus und ließen sich in New York City nieder. Auch hier war Heinrich Glanz als Buchhändler aktiv, bis er diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste. Er verstarb im September 1958 in New York City. Selma Glanz, die zunächst als Französischlehrerin an der New York University gearbeitet hatte, nahm in den 1960er Jahren eine Stelle als Assistant Professor an der jüdischen privaten Yeshiva University in New York City an. Sie verstarb im April 1985.

Im Bestand der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig konnte ein Buch aus dem früheren Eigentum von Heinrich Glanz identifiziert werden, da es auf dem Titelblatt eine Widmung des Buchautors für Heinrich Glanz trägt. Dem Zugangsbuch der Deutschen Bücherei zufolge ist das Exemplar im September 1939 über die Bücherverwertungsstelle Wien in den Bestand eingeliefert worden.

Das Holocaust Claims Processing Office unterstützte die Deutsche Nationalbibliothek bei der Erbenermittlung und stellte den Kontakt zur Erbengemeinschaft her. Dank dieser Vermittlung konnten wir das Buch im Juni 2024 an die Erb*innen von Heinrich Glanz zurückgeben. Mit ihrem Einverständnis durften wir vor der Rückgabe ein Digitalisat des Buches anfertigen, das über den Bibliothekskatalog öffentlich zugänglich ist.

Weiterführende Informationen:

  • Digitalisat des Restitutionsexemplars im Katalog: David H. Asriel, Wahrheiten über Palästina und die Diaspora, Beograd: Karić 1927, Link zum Datensatz: Link zum Datensatz
  • Ernst Fischer, Verleger, Buchhändler und Antiquare aus Deutschland und Österreich in der Emigration nach 1933: Ein biographisches Handbuch, 2. aktualisierte und erweiterte Auflage, Berlin/Boston 2020.
  • Sören Flachowsky, „Zeughaus für die Schwerter des Geistes“. Die Deutsche Bücherei Leipzig 1912–1945, Göttingen 2018.
  • Murray G. Hall, „Der jüdische Dr. Heinrich Glanz Verlag in Wien: Mit Bruchstücken einer Biographie“, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Buchforschung in Österreich 2004/1, S. 15–24.
  • Grit Nitzsche, „Die Bücherverwertungsstelle Wien“, in: Regine Dehnel (Hg.), Jüdischer Buchbesitz als Raubgut. Zweites Hannoversches Symposium, Frankfurt am Main 2005, S. 67–72.
  • Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Entschädigungs- und Restitutionsangelegenheiten:

    • Akten der Finanzlandesdirektion, FLD 26040
    • Akten des Hilfsfonds, Nr. 10222 und Abgeltungsfonds 7428
    • Akten der Vermögensverkehrsstelle, VA 40498
  • Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, Best. 21765 Nr. F 12024 (Börsenvereinsakte).

nach oben