Bei den Treffen des MARC Advisory Committee (MAC), die Ende Januar 2021 in virtueller Form und weitgehend unabhängig von dem Midwinter Virtual Event der American Library Association (ALA) stattgefunden haben, standen insgesamt 16 Anträge und Diskussionspapiere auf der Tagesordnung. Drei davon waren durch die MARC/RDA Working Group vorbereitet und eingereicht worden: Der Antrag zur "Mode of Issuance" ("multiple unit" oder "single unit") wurde angenommen, dafür wird das neue Feld 334 eingerichtet. Beim Antrag zum "Type of Binding" (neues Unterfeld $l "Type of binding" im Feld 340 "Physical Medium") gab es eine Verzögerung: Während bisherige Ansätze den Schwerpunkt eher auf die Form und den Zustand des Einbands legen, haben die RDA dieses Element und das dazugehörige Vokabular mit dem Akzent auf dem Vorgang des Einbindens definiert. Um diesen Unterschied zu prüfen und dann in MARC abzubilden, wurde der Antrag zur Klärung an die MARC/RDA Working Group zurückgegeben, er wird in überarbeiteter Form im Sommer 2021 erneut beraten werden.
Intensiv besprochen wurde das Diskussionspapier, das sich mit der Abbildung von "Data Provenance" nach RDA, oder "Metametadata", befasst. Bei aller Komplexität wurden nur wenige grundsätzliche Bedenken geäußert. Es standen unterschiedliche Optionen zur Wahl, um die umfangreichen Anforderungen aus RDA abzudecken. Diese vereinfachen sich insofern, als es für nicht notwendig erachtet wurde, jede Angabe jeweils nach den vier in RDA vorgesehenen "Recording Methods" zu differenzieren.
Punktuelle Ergänzungen werden eher abgelehnt, eine einheitliche Lösung über alle Teilformate hinweg wird also bevorzugt. In MARCXML gäbe es bereits jetzt Möglichkeiten, Angaben über Attribute zu machen – das erscheint aber nicht als ausreichend, weil MARC in der Version nach der Rahmennorm ISO 2709 immer noch weit verbreitet ist. Die Anlage eines neuen Teilformats für "Data Provenance" mit eigenen Spiegel-Datensätzen und Verknüpfung aus dem Primärfeld heraus wurde als nicht praktikabel angesehen. Auch die Definition von einzelnen Unterfeldbezeichnungen jenseits von Ziffern und Kleinbuchstaben, also z.B. "$A", "$!" oder "$+", fand wenig Zuspruch.
In einer Testabstimmung wurde dagegen die Bereitschaft erkennbar, das Modell des Feldes 883 "Metadata Provenance" weiterzuverfolgen, das von der Deutschen Nationalbibliothek seit einigen Jahren geliefert wird, primär für automatisch generierte Angaben. Es müssten im Feld 883 neue Unterfelder definiert werden, die die Liste der Data-Provenance-Elemente abdecken. Ein wesentlicher Nachteil dieses Modells ist, dass das Unterfeld $8 "Field link and sequence number" im Hauptfeld und im dazugehörigen Feld 883 verwendet werden muss, und zwar mit einer fortlaufenden Zählung, die erst die Eindeutigkeit der satzinternen Verlinkung gewährleistet. Das ist sowohl in der Erfassung und Datenhaltung als auch in Export und Import aus/in Fremdformate(n) aufwändig und fehleranfällig.
Ein kurzfristig Mitte Januar von der deutschsprachigen Seite eingebrachter Alternativvorschlag hat Interesse gefunden: Basierend auf der Idee der MARC/RDA Working Group, das Unterfeld $7 freizumachen und mit Hilfe von Deskriptionszeichen die Informationen abzubilden, könnte ein einziges neues Unterfeld definiert werden, etwa "$_" (Unterstrich). In diesem wiederholbaren Unterfeld könnten mit Hilfe von Unter-Labeln alle einzelnen Informationen angegeben werden: "$_a" stünde z.B. für "assigned by agent", "$_b" für "context of use", "$_c" für "date of usage", usw. Der Bezug zum Feld wäre gegeben; Angaben zu einem einzelnen Unterfeld oder einer Gruppe von Unterfeldern wären allerdings zunächst nicht möglich. ISO 2709 müsste nicht angepasst werden, wohl aber das Dokument "MARC 21 Formats: Background and Principles". Es ist abzusehen, gerade angesichts der Optionen, dass zum Sommer zunächst ein zweites Diskussionspapier erarbeitet und vorgelegt werden wird.
Die MARC/RDA Working Group hat am 17. März 2021 ihre Arbeit wiederaufgenommen, sie wird sich bis Mai 2021 mit den noch offenen Themen befassen und auch das Thema der "Representative Expression" und ihrer Attribute bearbeiten. Aktuell ist mit dem Abschluss der Arbeiten für das Frühjahr 2022 zu rechnen.
Von deutschsprachiger Seite war für die Gemeinsame Normdatei (GND) ein Diskussionspapier eingereicht worden, das im Format MARC Authority das Feld 672 "Title Related to the Entity" um ein Unterfeld ergänzen soll, indem Angaben wie "Hrsg. von:", "Übers. von:", "Mitverf. von:", "Bearb. von:" oder "Mithrsg. von:" von den eigentlichen Titelangaben getrennt erfasst und transportiert werden können. Diese einleitenden Wendungen sind unter Verwendung der Funktionsbezeichnungen nach RAK formuliert. Es wurde in der Diskussion darauf hingewiesen, dass es sich um Relationen handelt, allerdings um solche, die sich reziprok zu denjenigen Relationen verhalten, die in der "MARC Code List for Relators" angelegt sind. Falls zusätzlich zu einem textlichen Unterfeld $i "Explanatory Text" ein Unterfeld $4 für die Darstellung der Relation in codierter Form oder in Form eines URI definiert wird, sollte sehr deutlich gemacht werden, dass dort nicht Werte aus der Liste der MARC Relator Codes oder darauf basierende URIs verwendet werden dürfen. Zu diesem Thema wird im Sommer ein Antrag eingereicht werden.
Weiter erwähnenswert ist ein Antrag zu Jahresangaben im Feld 046 "Special Coded Dates"; diese sollen differenzierbar gemacht werden nach der Werk-, Expressions- und Manifestationsebene. Konkret geht es z.B. um die Entstehungszeit eines Werkes im Gegensatz zur Entstehungszeit der Übersetzung des Werkes, oder um das Jahr einer Komposition im Gegensatz zum Jahr des Arrangements dieser Komposition. Der Antrag wurde angenommen, die Entitätenebene kann jetzt mit Hilfe von Indikatorwerten ausgedrückt werden.
Und schließlich wurde ein Diskussionspapier vorgelegt, das geografische Koordinaten im bisher primär für kartografische Ressourcen verwendeten Feld 034 "Coded Cartographic Mathematical Data" auch dann verwendbar machen möchte, wenn es sich um andere Arten von Ressourcen handelt. Die MARC-Beschreibung eines Bildes, das einen Ort (ein Gebiet, eine Sehenswürdigkeit oder auch nur eine Straßenecke) zeigt, soll jetzt dessen Koordinaten enthalten können, unter Umgehung des Normdatenformats. Auch dieses Vorhaben wird als Antrag wiederkommen.
Die nächsten Treffen des MARC Advisory Committee werden wieder in virtueller Form stattfinden, in zeitlicher Nähe zur Annual Virtual Conference der ALA, also voraussichtlich Ende Juni/Anfang Juli 2021.
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